Liebe Besucher der verschiedensten Geschlechter,
liebe Frauen, liebe Männer und liebe Diverse,

– was für eine ungewöhnliche Art der Anrede, oder?
Ja, das finden wir auch! Denn welche Rolle sollte Ihr Geschlecht beim Besuch dieser Seiten spielen? Richtig, es spielt gar keine Rolle!

Wir haben uns deshalb entschlossen, in unserer Kommunikation nicht zu gendern und auch nicht explizit einzelne Geschlechter in einer Aufzählung anzusprechen – denn Gendern geht für uns mit Ausschluss und nicht mit Inklusion einher: von Besucher*innen (oder Besucher und Besucherinnen) zu sprechen, grenzt sprachlich ganz bewusst diejenigen aus, die sich dem männlichen oder weiblichen Geschlecht, aus welchen Gründen auch immer, nicht zugeordnet fühlen.

Gendern fördert, in unseren Augen, gedanklich ganz bewusst, die Verknüpfung einer Person mit ihrem biologischen Geschlecht.

Wenn wir von einem Besucher sprechen, dann meinen wir nicht männliche oder weibliche Besucher (sonst würden wir das so schreiben!), sondern ganz allgemein Besucher unabhängig von ihrem Geschlecht. Es spielt für uns auch keine Rolle, welchem Geschlecht sich eine Person zuordnet. Besucher sind Lebewesen, die auf unseren Seiten vorbeischauen und auf diese Weise adressiert werden. Und dieses Prinzip gilt bei uns gleichermaßen für die Softwareentwickler, die Pflegekräfte, die Autofahrer, die Erzieher, die Flugbegleiter, etc. (wir verwenden hier absichtlich den Pluralartikel, um etwas zu veranschaulichen, auf das wir gleich eingehen werden (Zwinkern)).

Uns ist bewusst, dass nun augenscheinlich eine Konfliktsituation entsteht (die eigentlich keine ist); deshalb ein kurzer Exkurs:
Die deutsche Sprache unterscheidet Nomen nach ihrem Genus, dem grammatischen Geschlecht, mit seinen drei Formen: maskulin, feminin und neutrum – gekennzeichnet durch die Artikel "der", "die", "das". Das Genus ist nicht zu verwechseln mit dem Sexus – der Ausprägung des natürlichen Geschlechts, das in der deutschen Sprache zwei Formen kennt: männlich oder weiblich. Genus und Sexus haben nichts miteinander zu tun, weshalb unterschiedliche Genera, für Objekte (zum Beispiel: der Tisch (maskulin), die Theke (feminin), das Besteck (neutrum)) ganz offensichtlich unabhängig von biologischen Eigenschaften und auch – trotz vermeintlicher Parallelen zum biologischen Geschlecht – unabhängig vom Sexus, verwendet werden (zum Beispiel: der Busen und der Uterus (maskulin), die Eichel und die Prostata (feminin), das Glied und das Spermium (neutrum)).

Berufsbezeichnungen im Singular haben historisch bedingt oft das grammatisch maskuline Geschlecht, wenn ein Beruf früher typischerweise von einem Mann ausgeübt wurde und das Feminine, wenn es sich typischerweise um einen "Frauenberuf" gehandelt hat – ja, unsere Sprache ist da klischeebehaftet und sexistisch oder sie spiegelt einfach gewöhnliche Lebensumstände wider. Gäbe es diese sprachliche Unterscheidung nicht, wäre uns das Thema "Gendern" vermutlich erspart geblieben; aber so funktioniert unsere Sprache nunmal. Auch ist unsere Sprache in der Pluralbildung nicht vollständig konsistent:

  • der Student, die Studentin, die Studenten
  • der Pilot, die Pilotin, die Piloten
  • jedoch der Softwareentwickler, die Softwareentwicklerin, aber die Softwareentwickler__.
    der Pfleger, die Pflegerin, aber die Pfleger__.
    der Autofahrer, die Autofahrerin, aber die Autofahrer__.

Die Pluralform sieht also manchmal nach einem Maskulinum aus und wird deshalb auch als das generische Maskulinum bezeichnet. Generisch deshalb, weil es sich eben gerade auf eine ganze Gruppe von Personen, ohne weitere Differenzierung, bezieht.

Viel wichtiger ist, was im Kopf passiert:
Wenn wir unter Softwareentwicklern Personen verstehen, die Software entwickeln und eben kein stereotypes Bild im Kopf haben, von männlichen Nerds in ihren Mittzwanzigern mit Kapuzenpullis, dann – ja dann, verstehen wir uns.

Wer vornehmlich stereotyp denkt und damit gedanklich ausgrenzt bzw. sich selbst ausgegrenzt fühlt oder fühlen möchte, dem empfehlen wir, sein eigenes Weltbild der Moderne anzupassen.
Und wer Genus und Sexus nicht unterscheiden kann, dem empfehlen wir, sich intensiver mit der deutschen Grammatik auseinanderzusetzen.
Wer anschließend in der Verwendung eines generischen Maskulinums einen Sexismus sieht, entlarvt damit seine Ideologie und das bloße Unterstellen einer vermeintlichen Meinung. 

Das Nicht-Gendern hat also viele Vorteile, denn plötzlich erhalten wir echte Gleichstellung und Gleichbehandlung, weil wir eben nicht mehr in biologischen Geschlechtern (oder anderen personenbezogenen Merkmalen, wie Alter, ethnischer Herkunft, Weltanschauung oder Behinderung) denken oder grammatische Eigenschaften unsinnigerweise auf biologische bzw. natürliche Geschlechter projizieren.

Um beim Beispiel des Softwareentwicklers zu bleiben:

  • Wenn wir in der Kommunikation beim Angesprochenen das Bild einer ausdrücklich männlichen Person zeichnen wollen, sprechen wir von einem männlichen Softwareentwickler.
  • Wenn wir das Bild einer ausdrücklich weiblichen Person zeichnen möchten, dann sprechen wir von einem weiblichen Softwareentwickler oder einer Softwareentwicklerin.
  • Wenn wir das Bild einer transgeschlechtlichen, indisch-stämmigen, hinduistischen Person, ohne körperliche Einschränkungen, in ihren Mittzwanzigern vermitteln möchten, dann benennen wir eben diese Attribute.

Wenn wir jedoch nur von einem Softwareentwickler sprechen, dann haben wir explizit keine Vorstellung in Bezug auf das Geschlecht (oder sonstige Eigenschaften, die über die Fähigkeit Software zu entwickeln hinausgehen).

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